Wahrnehmung und Erfahrung beschäftigen Irwin, seitdem er in den 1950er Jahren in Los Angeles seine künstlerische Laufbahn mit abstrakt-expressionistischer Malerei begann. Bald tauchten Zweifel an der Zulänglichkeit des Tafelbildes als Abbild von Realität auf, und er begann als einer der Pioniere der kalifornischen ?Light and Space?-Bewegung, der in den 1960er Jahren u.a. Larry Bell, John McCracken, James Turrell und Doug Wheeler angehörten, Plexiglas, transluzente Stoffe, reflektierende Oberflächen und Leuchtstoffröhren einzusetzen. Diese Materialien unterstützten die Verbindung seiner Arbeiten mit deren Umgebung. Eine zentrale Frage, die den Paradigmenwechsel in seinem Werk einläutete. war: ?Was war das für eine `Realität´, die sich ein solches Maß an Abstraktion anmaßen konnte, wie in der Forderung zum Ausdruck kommt, die Welt habe am Rand meiner Leinwand zu enden? Und was wäre es für eine Welt, die solche Grenzen nicht kennt??
Als Folge seines Strebens nach einer Kunst, die nicht durch die Größe der Leinwand limitiert ist, gab Irwin 1970 sein Atelier auf und damit die Idee von einer durch ihre Objekthaftigkeit definierte Kunst zugunsten einer Kunst, die der Erscheinung, dem Phänomenalen verschrieben ist. Seither realisiert er Arbeiten, die er als ?site-conditioned? bezeichnet. Anders als bei ?standortdominierenden?, ?standortangepassten? und ?ortspezifischen? Arbeiten, die zwar auf einen spezifischen Ort Bezug nehmen, diesen einbeziehen, in ihrer Rezeption als Kunstwerk jedoch immer souverän bleiben, nehmen seine Installationen erst mit dem sie umgebenden Raum und den dort vorherrschenden Konditionen ihre jeweilige Erscheinung an. Diese ist nicht auf einen anderen Ort übertragbar. Eine Qualität, die diesen Arbeiten innewohnt, ist, dass sie die Grenzen der Kunst zu Architektur, Landschaft, Stadtplanung, Nützlichkeit überwinden können.
Seine künstlerische Produktion war stets von theoretisch-philosophischen Überlegungen und Fragen zur Funktion von Ästhetik, Wahrnehmung, Umgebung begleitet, die der Künstler in zahlreichen Texten und Vorträgen ausgeführt hat. Die Publikation beinhaltet - erstmals in deutscher Übersetzung - einen Schlüsseltext zu seiner Idee der ?conditional art?, Being and Circumstance.
Irwin?s exploration of perception and experience dates back to the beginning of his career as an Abstract-Expressionist painter in Los Angeles in the 1950s. Soon plagued with doubts about the adequacy of the panel painting as a depiction of reality, in the 1960s he pioneered the Californian Light and Space movement, which also included Larry Bell, John McCracken, James Turrell, and Doug Wheeler. Using Plexiglas, translucent fabrics, reflecting surfaces, and fluorescent tubes he sought to forge a connection between his works and their environment. A central question that ushered in a change of paradigm in his work was: ?What kind of a ?reality? was this that allowed itself such abstraction as to demand that the world end at the edge of my canvas? Yet what kind of a world would it be if there were no such limits??
In his efforts to find an art form not limited by the size of the canvas, Irwin in 1970 gave up his studio and with it the idea of art defined by its status as an object in favor of art as a phenomenon. Since then he has been realizing works that he calls ?site-conditioned.? Unlike ?site-dominated,? ?site-adapted,? and ?site-specific? works, which refer to and involve a specific location but remain self-contained works of art, his installations only become phenomena in response to the space surrounding them and the conditions prevailing there. This makes it impossible to transfer them to some other location. An inherent quality of these works is their ability to transcend the boundaries between art and architecture, art and landscape, art and urban planning, and art and utility.
Robert Irwin?s artistic work has always been accompanied by theoretical philosophical considerations and questions on the function of aesthetics, perception and surroundings, which the artist carried out in numerous texts and lectures. This book publishes a key text on his idea of ?conditional art,? ?Being and Circumstance? - for the first time in German translation.
secession (Hg./Ed.)
Berlin 2013, 80 Seiten, 16,5 x 22,2 cm, Deutsch/EnglischISBN 978-3-86895-319-0