Ist ein Buch mit 544 Seiten, 17 Kapiteln, mehr als 1700 Fotos/Zeichnungen und Texten...
Ist ein Archiv das Geschichten erzählt.
Ist ein skulpturales Manifest.
Ist ein Modell der Realität.
Ist eine Serie von Orten und Ideen.
Hinterfragt die Bilder, die wir von gebauter Moderne haben.
Denkt über Recherche-Studios als Skulptur nach.
Vereint eine Sammlung vorgefundener Nutzungen des Öffentlichen.
Entwickelt minimale Billboardhäuser mit maximalem gemeinsamen Raum.
Sieht in historischen Erinnerungen ein identitätsstiftendes Potential für die Zukunft.
Ist Inspirationsquelle und Arbeitswerkzeug für eine ?realere Realität?.
Bezieht sich auf Planstädte und historisch gewachsene Städte.
Betrachtet Monumente als graphische Zeichen oder Wegweiser.
Hat einen skulpturalen Blick auf den öffentlichen Raum.
Fragt, welche Moderne uns heute noch wichtig ist.
Vierzehn Fotos, vier zeigen Lagerhäuser und neun Getreidesilos, wurden 1913 im in dem Artikel?Entwicklung moderner Industriebaukunst? von dem Architekten Walter Gropius veröffentlicht. DieseBilder wurden zu Ikonen der modernen Architektur. Sie standen für das fortschrittliche Amerika, wo esdie funktional modernen Industriebauten wie selbstverständlich an jeder Ecke gab. Es handelt sich umBauten, die ohne Architekten entworfen und von Ingenieuren nach rein funktionalen und formalenGrundsätzen ausgeführt wurden. Die vierzehn fotografischen Abbildungen wurden für viele Jahrzehnte(zum Teil bis heute), zum Platzhalter für modernes Bauen. Die Ironie der Geschichte ist, dass dieseLager- und Silobauten für die Begründung einer europäischen Architekturmoderne herhalten mussten,während sie in Amerika schon gar nicht mehr gebaut wurden. Sie waren längst zu teuer geworden undwurden in der Folge durch eingeschossige Stahlblechboxen ersetzt, die auch heute noch in denVororten über das ganze Land verteilt zu finden sind.
Wenn das Missverständnis bereits zu Beginn des architektonischen Modernismus 1913 seinenAusgang nahm, dann stellt sich mir heute die Frage, mit welchen Bildern der gebauten Moderne wirleben und inwiefern diese mit der Realität übereinstimmen. Spielen Abbildungen vielleicht eine größere Rolle, als der tatsächlich er- und gelebte öffentliche Raum? Viele kennen wahrscheinlich eineAufnahme der Parlamentsgebäude in Brasilia01 und Chandigarh.02 Geht es aber um dieWohnungsbauten oder öffentlichen Plätze dieser Städte, fällt es den meisten wohl schwer, sich diesevorzustellen. Es scheint, als würde die modernistische Funktionstrennung der Stadt in Wohnen,Arbeiten und Freizeit ? von Verkehrsplanung und den dazwischenliegenden Freiflächen organisiert - inder Rezeption bis heute fortwirken und eine Neuordnung, beispielsweise in Haus, Straße, Stadtviertel,Stadt, Land, verhindern.
Schaut man sich etwa die neuen Städte um Shanghai an, wird man feststellen, dass es sich in denmeisten Fällen um eine Reproduktion von Bildern moderner Städte handelt. Selten geht es beim Bauneuer Städte, um eine Auseinandersetzung mit öffentlichem Raum oder darum, wie dieser benutzt undfolglich transformiert werden kann. Oft wird er formal und rein funktional gedacht. Dennoch schleichensich immer wieder unvorhergesehene Veränderungen ein, in Form von Objekten zum Beispiel. DieseZufälligkeiten, die sich für eine Stunde oder mehrere Jahre ergeben sind es, die mich interessieren.Häufig sind es informelle, skulpturale oder monumentale Transformationen des öffentlichen Raumes,die mir diesen in seiner historischen Entwicklung erlebbar machen und gleichzeitig Fragen fürzukünftige Entwicklungen aufwerfen. Letztendlich geht es darum, den öffentlichen Raum, mit allseinen Erinnerungen als kreatives Potential zu begreifen, das es zu nutzen gilt.
Das, was ich ?Erinnerung der Zukunft? nenne, versucht das (Vor-)Gefundene für die Zukunft wirksamzu machen. Man wird sich in Zukunft sicher an den Entwurf einer ?minimalen Wohnung? erinnern, diefunktionale Trennung aller Lebensbereiche aber vermeiden. ?Minimal? beschränkt sich dann nicht aufdas die Moderne prägende Konzept der ?minimalen Küche?, sondern fragt vielmehr nach den minimalnotwendigen Eigenschaften von Lebens- und Wohnraum, unabhängig vom jeweiligen Einkommen. Inmeinen Billboard-House-Skulpturen versuche ich dieser Idee folgend Bad, Küche und Schlafraum sozu minimieren, dass der traditionelle Wohnraum durch seine Öffnung nach Außen zu einemhalböffentlichen Raum wird. Dieser soll maximalen Platz für den Aufenthalt mehrerer Personen bietenund den Austausch zwischen den Bewohnern der Billboard-House-Siedlung intensivieren.Durch die Integration des öffentlichen Raumes in das eigene Wohnhaus wird dieser automatisch zumOrt des Austausches und der Erinnerung. So wird meines Erachtens die reale Erfahrung desÖffentlichen, jenseits der Konsumwelt eines Shoppingcenters und parallel zu einem virtuellen Lebenim Netz, wieder an Bedeutung gewinnen. Es ist mir ein Anliegen, diesen Veränderungsprozess desÖffentlichen mit meiner skulpturalen Arbeit zu begleiten und erlebbar zu machen. Dabei kann dieskulpturale Transformation der Realität durch Trivialisierung oder Übersteigerung erfolgen.
Die Herausarbeitung der skulpturalen Qualitäten des Öffentlichen in all seinen Facetten durch dasdirekte Arbeiten vor Ort ist deshalb ein integraler Bestandteil meiner Arbeit. Ich finde es reizvoll, wenndas Forschungs-Studio zur Skulptur im Sinne einer dokumentarischen Skulptur und die RecherchezeitTeil der künstlerischen Arbeit wird. Das bedeutet für mich keineswegs eine funktionale Reduzierungauf eine Info-Box, sondern geht mit einer ästhetischen Ausformulierung einher, die mit und an sozialenund politischen Fragestellungen arbeitet. In diesem Sinne verstehe ich dieses Buch gleichzeitig als einArchiv und Arbeitswerkzeug. Zum einen stellt es ein Erinnerungsarchiv von Orten, die ich wichtig findezu verbinden, dar und folgt damit einem ähnlichen Prinzip wie meinen Stadtführungen. Zum anderenist es ein Manifest für Skulpturen im Öffentlichen, ein Ort der Inspiration und ein ?Modell der Realität?um deren Qualitäten herauszuarbeiten.
Es ruft dazu auf, sich wieder bewusst durch den öffentlichen Raum zu bewegen, an ihm teilzuhabenund seine räumlich skulpturalen Veränderungen mitzubestimmen. Die Wahrnehmung derVeränderungen des eigenen Erfahrungsraumes rückt ins Blickfeld. Es geht um das Sammeln vonEindrücken und Bildern, das Sichtbar machen verborgener Teile des öffentlichen Raumes undletztendlich um eine Kritik an konventioneller Wahrnehmung. Ich selbst sehe mich in der Rolle desaktiven Archivars, der vor allem an subjektiven Geschichten und Wahrnehmungen interessiert ist:Just tell a story, but tell it!++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++
Is a book with 544pages, 17 chapters, more than 1700 photos/drawings and text by various people...
Is an archive that tells stories.
Is a sculptural manifesto.
Is a model of reality.
Is a series of places and ideas.
Questions the images that we have of built Modernism.
Thinks about research studios as sculpture.
Combines a collection of found uses of the public realm.
Develops minimal billboard houses with maximum common space.
Recognises an identity-giving potential for the future in historical memories.
Is a source of inspiration and a working tool for a ?more real reality?.
Refers to planned cities and historical cities that have grown in time.
Considers monuments as graphic signs or signposts.
Has a sculptural view of public space.
Asks which Modernism is still important to us today.
This is where, to me, the misunderstanding begins: Fourteen photos, four ofwarehouses and nine of grain silo buildings, were gathered by WalterGropius and published in the 1913 Deutscher Werkbunde annual. These picturesbecame icons of Modernism. They represented progressive America,where such functional, modern industrial buildings occupied every streetcorner. These buildings were designed by engineers rather than architects,erected solely according to functional and formal parameters. The fourteenphotographs served as representatives of modernist construction for manydecades (and partially still are). The irony of the story is that these warehouseand silo buildings had to serve the foundation of European architecturalModernism while they were no longer being built in America. They hadlong become too expensive and had consequently been replaced by singlestoreytin boxes as are still to be found in suburbs throughout the countrytoday.
If the misunderstanding already began during early architectural Modernismin 1913, I wonder today what images of built Modernism we live withand to what extent these correspond to reality. Are images perhaps moreinfluential than the actual, experienced and lived public realm? Many peopleare probably familiar with pictures of the parliamentary buildings ofBrasilia1and Chandigarh2. However, most people find it hard to imagineanything when it comes to the residential buildings or public spaces ofthose cities. It seems as if the modernist functional separation of the cityinto living, working and leisure?organised around traffic planning and theopen spaces in between?is still having an effect to this day and is standingin the way of restructuring; for example into building, street, district, city, county.
If you look at the new cities around Shanghai for example, you will realisethat most of them are reproductions of images of modernist cities. Whennew cities are being built, public space is rarely taken into account nor isany thought given to how it can be used and later transformed. It is oftenapproached from a purely formal and functional point of view. Yet unplannedchanges always sneak in, for example as objects. It is these coincidences,which can establish themselves for an hour or for several years, that I aminterested in. They often involve informal, sculptural or monumental transformationsof public space, which allow me to experience its historical developmentand at the same time bring up questions of future development.It is ultimately a matter of comprehending public space with all of its memoriesas a creative potential that should be used.
What I call ?Memory of the Future?, attempts to make things that have beenstumbled across effective for the future. In future, people will surely rememberthe design of a ?minimalist apartment?, however, they will avoidthe functional separation of various areas of life. ?Minimal? will then no longerbe limited to the modernist ? influenced concept of the ?minimal kitchen,?it is rather a matter of the minimal necessary characteristics of livingand residential space, independent of income. In my Billboard HouseSculptures I try to minimise the bathroom, kitchen and bedroomin adherence to that idea, to such an extent that the traditional livingspace becomes a semi-public space due to its openness to the outside. Thisis intended to create maximum space to accommodate several people andto intensify the exchange between the residents of the billboard house settlement.By integrating public space into the private residential home, it automaticallybecomes a place of exchange and memory. I believe that the real experienceof public space, beyond the consumer world of the shopping centreand parallel to a virtual life in the internet, will thus regain in importance.I wish to accompany this process of transformation of the public realm withmy sculptural work and to make it tangible. The sculptural transformation ofreality can thus take place through trivialization or exaggeration.
Carving out the sculptural qualities of public space in all of its facets by directlyworking on-site is thus an integral component of my work. It is delightfulto me when the research studio for a sculpture, in the sense of adocumental sculpture, and the research time become part ofan artistic work. To me, that does not in any way imply functional reductionto an info ? box; on the contrary it accompanies aesthetic expression, whichworks on social and political issues. In that sense, this book is both an archiveand a working tool for me. On the one hand it comprises a memoryarchive of places, which I believe it is important to connect, thus followinga similar principle to my city tours. On the other hand, it is amanifesto for sculptures in public space, a place of inspirations and a ?modelof reality? with which its qualities can be revealed.
It is a call to walk consciously through public space again, to participate init and to have a say in its spatial, sculptural formation. The perception ofchanges in one?s own realm of experience shifts into view. It is a matter ofcollecting impressions and images, of making hidden parts of public spacevisible and ultimately it is a criticism of conventional perception. I considermyself to have the role of an active archivist who is above all interested insubjective stories and perceptions: Just tell a story, but tell it!