Gabriela Oberkoflers Zeichnungen, Skulpturen, Performances und Installationen zeigen allerlei Tiere, Pflanzen und Bäume, allerlei Kleines ? zumeist Gefundenes ?, Möbel und Architekturen, und auch Gummistiefel. Die Zeichnungen und Skulpturen kennen aber keine Jahreszeiten ? keine Kälte, keine ersten Sonnenstrahlen, keine Hitze, kein Modern. Oberkoflers Zeichnungen und Skulpturen kennen auch keine konkreten Orte; sie zeigen uns weder die Panoramen der Dolomiten, noch Straßenansichten ihres Heimatdorfes oder gar Innenansichten ihrer Wohn- und Arbeitsräume, sie verzichten auf Intimes und zielen doch aufs Innerste.
Die Zeichnungen zeigen uns Naturdinge oder Dinge in der Natur, umgeben von reinem Weiß. Das Weiß ist kein Schnee, es ist das Nichts des Papiers. Alles Gezeigte wird dabei seinem Kontext entrissen, nichts lenkt vom eigentlichen Objekt des Interesses ab, alles fokussiert sich. Das weiße leere Blatt schärft den Blick und öffnet den Raum für Assoziationen, Erinnerungen, Träume und Verluste. Es gilt, genau zu schauen.
Cover und Bild-Intro, aber auch die Vignetten von kleinen Insekten in diesem Buch, stehen für diese radikale Entkoppelung der Dinge aus ihren realen Kontexten. Der Strohballen braucht kein Feld, der Balkon kein Haus, vier Pferdebeine keinen Körper. Abbilder werden zu Bildern, gerade weil nicht alles gezeigt wird. Das Nicht-Gezeigte wird vom Betrachter zunächst gedankenlos ergänzt ? er sieht hinzu und füllt die Fehlstellen routiniert. Dann aber beginnt man geradezu zwangsläufig die Leerstellen als neue Freiheiten zu nutzen. Man ergänzt Anderes, Unvorhergesehenes und -gedachtes.
Autoren: Susanne Barta, Jörg van den Berg, Mathis van den Berg, Simone Jung, Ulrike Lorenz, Gabriele & Tilman Osterwold, Letizia Ragaglia, Sylvie Vojik
Gabriela Oberkofler?s drawings, sculptures, performances and installations show all kinds of animals, plants, trees and small objects ? mostly collected ?, along with furniture, architecture and even rubber boots. The drawings and sculptures don?t know a season ? coldness, first sunlight or heat or modernity. Oberkofler?s drawings and sculptures don?t know any concrete places; they show us neither the Dolomite?s panoramas nor the streets of her hometown or the interior of her living quarters and work places. She reliquishes intimacies but still targets the core.
The drawings show us things in nature or natural things, surrounded by pure White. The White is not snow, it is the nothingness of the paper. Everything that is shown is wrested away from its context, nothing detracts from the proper object of interest, everything focuses on itself. The empty white sheet of paper sharpens the view and opens the space for associations, memories, dreams and losses. It is necessary to look accurately.
In this book the cover and picture-intro along with the vignettes of little insects stand for this radical decoupling of things out of their real context. The bale of hay doesn?t need a field, the balcony a house, the four horselegs a body. Effigies become images, especially because everything is not shown. Initially the concealed is completed by the recipient ? one looks and routinely fills the blank space. But then one almost starts inevitably to use the blank spaces as new liberties. One alters the miscelleanous and unpredictable thoughts.
Columbus Art Foundation / Jörg van den Berg, Sylvie Vojik (Hg.)
Berlin 2012, 216 Seiten, zahlr. Abb., 21 x 30 cm, broschiert, Deutsch/Englisch/Französisch
ISBN 978-3-86895-152-3