Seit mehreren Jahren fotografiert Judith Ammann in Los Angeles. Sowohl die Jahreszeiten als auch die Tageszeiten spielen eine wichtige Rolle. Sie notiert sich die vielen Standorte, geht Monate, ja Jahre später zurück, um das gleiche Motiv (soweit noch vorhanden) unter veränderten Bedingungen neu zu fotografieren - das Licht jedoch ist immer entscheidend.
Die Melancholie der Einsamkeit geht unter die Haut, weil die Vergänglichkeit wie ein Memento Mori den gestaltenden Willen in eine Form der Vergangenheit rückt. Auch das kühne Hier und Jetzt einer Architektur spricht in der Radikalität der Sicht von dem, was gewesen ist. (Eine rote, mit Noppen regelmässig durchsetzte Rückenlehne einer lederbespannten Sitzbank "erzählt" mehr von den Menschen, die sie benutzt haben, als von jenen, die sie benutzen werden.
Ihre Sicht ist durch und durch visuell. Sie leitet Bildbegriffe aus dem Leben, dem Erschauten, der unmittelbaren Wahrnehmung ab. Ihr Bildbegriff schafft Leben im Unterschied zu Bildbegriffen, die im Nachhinein mit Leben erfüllt werden. Das "strukturierende Auge" gibt ihr die Möglichkeit, nichts auszulassen, offen zu sein, den Teil als das Ganze und das Ganze als Teil zu erfassen.
Judith Ammann findet was Menschen tun in Architektur, Typografie, in Material und Gestaltung. Es ist als würde ihre Wahrnehmung existierende Grundmuster ästhetischer Erfahrung in deren Eigendynamik versinnlichen. So überlagern sich transparent das Zeitspezifische (das Geschaute) und das Zeitlose (das Erschaute).
Judith Ammann has been taking pictures in Los Angeles for several years. Both the seasons and the times of day play an important role. She keeps a record of the places, and returns months ? sometimes even years ? later to photograph the same motif (where it still exists) again under different conditions. Light is always a decisive factor.
The melancholy of the solitude in these images is disquieting. For, like a memento mori, their transience shifts the will to compose into a form of past. Even the bold here and now of an architectural design speaks in the radicality of the view of what has been. (The red back of a leather-covered bench with regularly spaced bumps ?tells? us more about the people who have used it than about those who will use it.)
Her perspective is visual to the core. She draws pictorial concepts from life, from what her gaze has grasped, from immediate perception. Unlike pictorial concepts which are filled with life after the fact, her pictorial concept creates life. The ?structuring gaze? gives her a means of leaving nothing out, of being open, of capturing the part as the whole and the whole as a part.
Judith Ammann finds what people do in architecture and typography, in material and design. It is as if her perception sensualized existing basic patterns of esthetic experience in their inherent dynamic. In consequence, the time-specific (the seen) and the timeless (the visually grasped) overlap.